16.02.2023

Bundesrat lehnt Bundesgesetz über die familienergänzende Bildung und Betreuung ab

In einer Stellungnahme hat sich der Bundesrat gegen den Entwurf des Bundesgesetzes über die Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung ausgesprochen. kibesuisse kann die Argumente des Bundesrats nicht nachvollziehen und kritisiert diese als kurzsichtig in Bezug auf die Gegenwart und Zukunft.

Die nationalrätliche Bildungskommission (WBK-N) hatte den Entwurf des Bundesgesetzes über die Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung (UKibeG) erarbeitet und im vergangenen Dezember verabschiedet. Die Vorlage wird nun in der kommenden Frühjahrssession am 1. März vom Nationalrat behandelt. Im Vorfeld hat der Bundesrat Stellung zum Gesetzesentwurf genommen. 

Er erklärt, dass er einen Bundesbeitrag, mit dem die Kosten der Eltern für die familienergänzende Bildung und Betreuung gesenkt werden sollen, grundsätzlich ablehnt. Er begründet dies zum einen damit, dass die familienergänzende Bildung und Betreuung in der Kompetenz der Kantone und auch der Arbeitgeber liege. Zum anderen würde die angespannte finanzielle Situation des Bundes kein weiteres Engagement erlauben, weil dieser Beitrag dann bei anderen wichtigen Aufgaben des Bundes eingespart werden müsste. 

Sollte das Parlament dennoch auf die Vorlage eintreten, müssen für den Bundesrat gewisse Bedingungen erfüllt sein, insbesondere eine stärkere finanzielle Beteiligung der Kantone. Konkret spricht sich der Bundesrat für einen Bundesbeitrag in der Höhe von maximal 10 statt 20 Prozent der durchschnittlichen Kosten eines Betreuungsplatzes aus. Ausserdem schlägt er eine Gegenfinanzierung vor, indem der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer um 0,7 Prozentpunkte gesenkt wird. Gleichzeitig stellt sich der Bundesrat gegen die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Programmvereinbarungen der Kantone mit dem Bund. Der Bundesbeitrag soll überdies nur jenen Eltern gewährt werden, die erwerbstätig sind oder eine Ausbildung absolvieren. Schliesslich beantragt der Bundesrat, den Bundesbeitrag nur für familienergänzende Bildung und Betreuung bis zum Ende der Primarstufe auszurichten. 

Kibesuisse beurteilt die Argumentation aus zwei Gründen als kurzsichtig. Einerseits in Bezug auf die unmittelbare Gegenwart, denn die Schweiz kämpft aktuell mit einem akuten Fachkräftemangel, der sich weiter verschärft. «Gerade in dieser Situation müsste der Bundesrat konkrete Lösungen wie den Gesetzesentwurf unterstützen und nicht mit der Finanzlage argumentieren», fordert kibesuisse-Präsidentin Franziska Roth. Die Branche der familienergänzenden Bildung und Betreuung steht nämlich vor einem Dilemma: Abbau von Qualität oder Abbau von Betreuungsplätzen. Wird die Qualität gesenkt, verschlechtert sich der Betreuungsschlüssel und die Anforderungen an die Betreuungspersonen werden heruntergeschraubt. Wird dagegen die Anzahl Betreuungsplätze reduziert, können immer weniger Kinder familienergänzend betreut werden. 

Kurzsichtig ist es aber auch in Bezug auf die Zukunft, denn die Schweiz hat erwiesenermassen dringenden Nachholbedarf in drei Punkten: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Chancengerechtigkeit von Kindern sowie Zugänglichkeit, Qualität und Bezahlbarkeit der familienergänzenden Bildung und Betreuung. «Der vorliegende Gesetzesentwurf bietet einen optimalen Hebel, um diese drei Punkte zu verbessern», betont Franziska Roth. 

Zur Medienmitteilung des Bundesrats 

Zum Artikel in der Aargauer Zeitung