22.11.2022

Qualitätsentwicklung: Mehr Mut zum grossen Wurf

Nach zehn Jahren ist die neue Version der Empfehlungen der SODK und EDK zur Qualität und Finanzierung in der familienergänzenden Bildung und Betreuung erschienen. Auch wenn einige Forderungen von kibesuisse aufgenommen wurden, bedauert der Verband in seiner Medienmitteilung, dass sich die Empfehlungen weitgehend auf eine Beschreibung des Ist-Zustands beschränken. Somit wurde die Chance verpasst, mit einem richtungsweisenden Orientierungsdokument die Qualitätsentwicklung in der familienergänzenden Bildung und Betreuung voranzutreiben.

Lange Wartezeit ist vorbei 

Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) und die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) haben gemeinsame «Empfehlungen zur Qualität und Finanzierung der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung» verabschiedet und veröffentlicht. Die letzten gemeinsamen Empfehlungen der SODK und EDK für diesen Bereich gehen auf das Jahr 2011 zurück. Der Verband Kinderbetreuung Schweiz kibesuisse begrüsst es, dass nun nach zehn Jahren die langersehnte aktualisierte und konkretisierte Version veröffentlicht wurde. In den SODK- und EDK-Empfehlungen wurden einige Forderungen von kibesuisse aufgenommen. So steht ausdrücklich in den Empfehlungen, dass Praktikantinnen und Praktikanten nicht zum Betreuungsschlüssel gezählt werden sollen. Der Verband unterstützt es auch, dass Vorpraktika nicht mehr angerechnet werden sollen, beziehungsweise nicht als Vorbedingung für eine Lehrstelle gelten dürfen. 

Das Visionäre fehlt 

Allerdings bedauert kibesuisse, dass die Empfehlungen in vielen anderen Punkten bloss den Status quo festhalten. So entsprechen die Aspekte zum pädagogischen Konzept weitgehend den Grundsätzen, wie sie schon heute in zahlreichen kantonalen Verordnungen oder in den entsprechenden Richtlinien von kibesuisse festgehalten sind. Statt das absolute Minimum hätte sich der Verband ein mutigeres Papier gewünscht, das die Latte in der Qualitätsentwicklung höher setzt. Kibesuisse kann zwar nachvollziehen, dass eine schweizweite Empfehlung zu einem konkreten Finanzierungssystem aus föderalistisch-politischer Sicht schwierig ist. Dennoch fehlt es in den Empfehlungen an grundlegenden Ausführungen zu Vor- und Nachteilen, aber auch zu Sinn und Zweck der verschiedenen Finanzierungsmodelle. 

Tertiäre Abschlüsse für Kitaleitungen 

Ebenso wird die neben der Strukturqualität und der Prozessqualität so wichtige dritte Dimension der Orientierungsqualität im Dokument ausgeklammert. Diese umfasst nämlich die pädagogischen Grundhaltungen und Werte, aber auch den Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsauftrag. Qualität lässt sich nur erhöhen, wenn das ausgebildete Personal auch die ausreichende Zeit und (finanzielle) Wertschätzung erhält, der Aufgabenvielfalt in der familienergänzenden Bildung und Betreuung nachzukommen. Wenn die Finanzierung gesichert ist, wird es auch entsprechende Angebote der Aus- und Weiterbildung geben. Kibesuisse bedauert überdies, dass in den Empfehlungen für die Qualifikation des Leitungspersonals nicht explizit ein tertiärer Abschluss wie zum Beispiel Kindheitspädagogik HF gefordert wird, sondern eine nicht näher definierte «Grundbildung mit Weiterbildung». 

Fixe Orientierungswerte statt grosser Bandbreiten 

Grundsätzlich steht kibesuisse dem Arbeiten mit Bandbreiten, wie es in den SODK- und EDK-Empfehlungen gehandhabt wird, sehr kritisch gegenüber. Diese Bandbreiten widerspiegeln im Endeffekt grosse Differenzen. In absoluten Zahlen mag das erst einmal unspektakulär aussehen, wenn für Säuglinge und Kleinkinder im Alter bis anderthalb Jahren mit 2 bis 3 Kindern pro Betreuungsperson gerechnet wird. Relativ gesehen beträgt die Spannweite aber 50 Prozent. Bei den höheren Altersklassen sind es dann 20 respektive 25 Prozent. Kibesuisse hätte es daher bevorzugt, mit fixen Werten zu arbeiten. Es ist weder zielführend noch glaubwürdig, im Hinblick auf den Betreuungsschlüssel mit föderalistischen Unterschieden zu argumentieren. Das Bedürfnis eines Säuglings in Neuenburg ist nicht anders als dasjenige eines Gleichaltrigen in Solothurn oder im Tessin.

Zur Medienmitteilung von kibesuisse 

Zu den Empfehlungen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) und der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) zur Qualität und Finanzierung der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung  

Zur Medienmitteilung der SODK und EDK zu den Empfehlungen